von Thomas Hacker (MdB der FDP aus Bayreuth)
Am 24. Septembers 2017 um 18 Uhr wurde endgültig klar: Die FDP wird nach einer Legislaturperiode Abwesenheit endlich wieder im Deutschen Bundestag vertreten sein. Am späten Abend kam zudem die Gewissheit, dass auch ich erstmals in den Bundestag gewählt wurde. Heute – über ein Jahr später – gehört die politische Arbeit zwischen Bayreuth und Berlin zu meinem Alltag. Mit diesem Beitrag möchte ich Euch Einblicke in meinen Berliner Arbeitsalltag geben:
In den Plenarwochen reise ich montags mit dem Zug aus Bayreuth an. Kaum in Berlin angekommen, steht auch schon das Obleute-Gespräch an, in dem es etwa um die Tagesordnung der anstehenden Ausschusssitzung geht. Jede Fraktion stellt pro Ausschuss einen Obmann oder eine Obfrau. Das ist ein/e Abgeordnete/r, die/der in dem Ausschuss Hauptansprechpartner/in ihrer jeweiligen Fraktionsführung ist. Ich bin für die FDP-Fraktion Obmann im Ausschuss für Kultur und Medien. Nach dem Obleute-Gespräch tagt die Arbeitsgruppe (AG) Kultur und Medien. Dort kommen die Abgeordneten der Fraktion zusammen, die im Kultur- und Medienausschuss sitzen, um den kommenden Ausschusstermin, die Themen und Initiativen der FDP vorzubesprechen. Da neben mir nur der Kollege Hartmut Ebbing für die FDP in dem Ausschuss sitzt, ist unsere AG eher beschaulich. Am Montag finden eher wenige Abendtermine statt, sodass sich hier einige Stunden Zeit für Büroarbeit bieten.
Der nächste Tag beginnt um acht Uhr mit einem weiteren Treffen einer Arbeitsgruppe. Die AG Europa ist allerdings größer, sodass ich mich hier mit mehreren Fraktionskollegen austausche. Es folgt eine Sitzung des Arbeitskreises I („Weltbeste Bildung“) oder IV („Freiheit und Menschenrechte weltweit“). Ein Arbeitskreis setzt sich aus mehreren Arbeitsgruppen zusammen, ist also quasi die nächsthöhere Ebene über der AG. Hier werden insbesondere die Fachthemen in größerer Runde besprochen und sich eine Meinung gebildet. Danach tagt die Landesgruppe Bayern, in dessen Rahmen alle bayerischen FDP-Abgeordneten über landesspezifische Themen reden. Anschließend steht die Fraktionssitzung auf dem Programm in der alle Abgeordneten der FDP-Fraktion zusammenkommen und die anstehenden Plenarsitzungen der nächsten Tage vorbereiten. Die Fraktionssitzungen gehen nicht selten bis in die Abendstunden und meistens schließt sich danach aber noch eine Abendveranstaltung an. Das können beispielsweise Podiumsdiskussionen zur Europa- oder Medienpolitik sein. Nach diesem langen Tag geht es für mich zurück ins Hotel.
Auch wenn die Plenarsitzungen selbst in der Plenarwoche erst ab Mittwochmittag losgehen, sind die Abgeordneten also an den vorherigen Tagen keineswegs untätig. Der Mittwoch startet oftmals mit Frühstücksterminen, in dessen Rahmen mit Vertretern von verschiedensten Interessengruppen gesprochen wird. Gelegentlich wird man als Bundestagsabgeordneter darauf angesprochen, dass das Plenum bei den Debatten so leer sei. Nicht selten wird damit der Vorwurf verbunden, die Abgeordneten würden sich gut bezahlen lassen, aber ihrem Mandat nicht nachkommen. Viele wissen jedoch gar nicht, dass parallel zum Plenum auch Ausschusssitzungen stattfinden. In den Ausschüssen, in denen entsprechend der Fraktionsstärke Vertreter aller Fraktionen sitzen, wird die eigentliche Sacharbeit gemacht. Hier werden Anträge diskutiert, Gesetzesänderungen besprochen, Sachverständige eingeladen und vieles mehr. Der Bundestag ist ein sogenanntes „Arbeitsparlament“, in dem (im Gegensatz zum „Redeparlament“) die Arbeit und die Austragung von Streitigkeiten eben in den Ausschüssen erfolgt. Die Debatten im Plenum sind also letztlich nur das Resultat ausführlicher Arbeit in den Ausschüssen. Mittwochs nehme ich entweder an der Sitzung des Europa- oder des Kultur- und Medienausschusses statt, die sich zeitlich überschneiden. Innerhalb der Ausschüsse erfolgt nochmals eine Arbeitsaufteilung in den Fraktionen. So bin ich im Europaausschuss für die FDP etwa für den Westbalkan und den Brexit, im Kultur- und Medienausschuss für alle medienpolitischen Themen und Erinnerungskultur zuständig. Auch am Mittwochabend folgen zumeist Termine oder Veranstaltungen.
Bevor am Donnerstag wieder das Plenum beginnt, nutze ich gerne die christliche Morgenandacht im Bundestag, um dem politischen Trubel kurzzeitig zu entkommen und neue Kraft zu tanken. Die Plenarsitzung am Donnerstag beginnt um neun Uhr und geht nicht selten bis nach Mitternacht. Kein Wunder also, dass die Abgeordneten nicht durchgehend im Plenum sitzen, sondern sich die Plenarsitzung thematisch aufteilen. Wenn nicht gerade Generaldebatten (z.B. zur Regierungserklärung) stattfinden, sind zumeist nur die Fachpolitiker der Fraktionen im Plenum anwesend. Die anderen Abgeordneten arbeiten derweil in ihren Büros oder haben anderen Termine, wie etwa Treffen mit Interessenvertretern. Gerade wenn es um Medien- oder Europapolitik geht, bin ich natürlich nach Möglichkeit auch im Plenum. Auch ansonsten ist es immer wichtig in der Nähe zu sein, da es insbesondere seit dem Einzug der AfD vermehrt zur Überprüfung der Beschlussfähigkeit per „Hammelsprung“ kommen kann. Beim „Hammelsprung“ wird die Abstimmung mit der Feststellung der Beschlussfähigkeit des Bundestags verbunden. Dafür müssen zunächst alle Abgeordneten den Plenarsaal verlassen. Bei der anschließenden Rückkehr ins Plenum kann man durch drei Türen (Ja, Nein und Enthaltung) eintreten und dadurch abstimmen. Neben dem Abstimmungsergebnis wird so zugleich festgestellt, ob mehr als die Hälfte der Abgeordneten an der Abstimmung teilgenommen hat und der Bundestag somit beschlussfähig ist.
Auch am Freitag findet nochmals ab neun Uhr eine letzte Plenarsitzung statt, die dann allerdings nur bis nachmittags dauert. Am Vormittag haben die Abgeordneten nochmals zahlreiche Termine, so in meinem Fall etwa Gespräche mit der Stiftung. Am Nachmittag reise ich dann wieder nach Bayreuth zurück. Angekommen in der Heimat erwarten mich in den nächsten Tagen wieder viele Termine, denn die Arbeit als Bundestagsabgeordneter spielt sich nicht nur in Berlin, sondern auch vor Ort bei den Bürgern ab. Deswegen versuche ich gerade die sitzungsfreien Wochen zu nutzen, um mit den Bürgern und den Unternehmen in meinem Wahlkreis und in Bayern ins Gespräch zu kommen und mir ein Bild davon zu machen, wo der bekannte „Schuh drückt“.
Natürlich stellt der beschrieben Wochenablauf nur eine Art „Prototyp“ dar. Schon wegen der Schnelllebigkeit des politischen Alltags läuft jede Woche anders ab. Ganz besondere Highlights sind für mich die Reisen, die ich aufgrund meiner europapolitischen Tätigkeit unternehmen darf. Im vergangenen Jahr bin ich so mit anderen Abgeordneten etwa nach Mazedonien gereist, um mich vor Ort über die schwierige Situation im Land zu erkunden, oder erst kürzlich nach Rumänien. Letztlich ist aber jede Woche, sei es in Oberfranken, Berlin oder im Ausland, ein Privileg. Ich bin sehr dankbar, dass die Bürger mir bei den vergangenen Wahlen ihr Vertrauen geschenkt haben und ich sie bundespolitisch vertreten darf!
Übrigens: Wer sich meinen „Arbeitsplatz“ aus nächster Nähe angucken will, der sollte sich für eine der nächsten Besucherfahrten anmelden. Dort erwartet Euch ein dreitägiges Programm in der Hauptstadt, zu dem immer auch eine Besichtigung des Reichstags gehört!
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