
Infografik zum Bürgerbegehren zur Graserschule
In Bayreuth wird, voraussichtlich am 13.03.16, über mehre Bürger- und Ratsbegehren abgestimmt. Unter Anderem soll es um die Graser Volksschule – kurz Graserschule – gehen. Zusammengefasst geht es bei dem Begehren um die 1875 erbaute Schule neben der ZOH, die sanierungsbedürftig ist. Nach Plänen der CSU-, FDP/DU-, SPD- und JB-Fraktion soll für die aktuell acht Regel- und vier Ganztagesklassen ein komplett neues Schulgebäude in der Nähe des Bezirkskrankenhauses am Nordring gebaut werden. Für die alte, denkmalgeschützte Schule, soll eine alternative Nutzung gefunden werden. Dem Gegenüber stehen die Pläne der BG- und Grünen-Fraktion, sowie der Bürgerinitiative „Rettet die Graserschule“, die den Unterricht am jetzigen Standort in einem sanierten Gebäude erhalten möchte.
Im Allgemeinen kann man sagen, dass sowohl für den Neubau, als auch für den Erhalt des Standortes gute Argumente sprechen. Leider muss man aber feststellen, dass weder für die genaue Gestaltung des Neubaus noch für die Sanierung aktuelle und konkrete Pläne vorliegen. Somit beruhen die Argumente teilweise auf mehr oder weniger fundierten Spekulationen. Außerdem sind manche Messwerte, die für die Meinungsfindung entscheidend sein können, mit großer Wahrscheinlichkeit veraltet. (Wie beispielsweise die Feinstaubmesswerte in ZOH-Nähe, die zuletzt 2003 gemessen wurden). Dennoch lohnt eine Durchleuchtung der Argumente beider Parteien.
Verkehr und Feinstaub
Das Hauptargument der Neubaubefürworter liegt bei der Gestaltung des Schulsprengels. Aktuell müssen die meisten Kinder mit dem Bus zur Schule fahren. Am neuen Standort wäre die Graserschule für die meisten Kinder fußläufig erreichbar. Die ZOH stellt als teilweise unübersichtlicher Verkehrsschwerpunkt für Grundschüler eine Gefahr dar. Ebenso ist durch das hohe Verkehrsaufkommen die Luftbelastung insbesondere mit Feinstäuben in ZOH-Nähe besonders hoch.
Die hohe Feinstaubbelastung und die Gefahren durch den Straßenverkehr sind zwei gewichtige Argumente für eine Verlegung des Standortes. Fraglich ist jedoch, ob sich die Situation durch Verlegung an den Nordring verbessert. Aus Sicht der Zahlen zur Feinstaubbelastung würde der am meisten belastete Ort durch den am zweitmeisten belasteten Ort ausgetauscht werden. Da die Zahlen jedoch aus einer Zeit stammen bevor Media Markt, Hegebaumarkt und andere Geschäfte sich an der alten Spinnerei ansiedelten, ist es zumindest nicht unwahrscheinlich, dass sich hier die Verhältnisse zu Ungunsten des neuen Standortes geändert haben. Auch das Verkehrsaufkommen beim alten Standort ist kein Vorteil für den Neuen, da das Verkehrsaufkommen am Nordring mit dem an der ZOH vergleichbar sein dürfte. Außerdem gab es in der Vergangenheit am alten Standort keine größeren Verkehrsunfälle mit Schulkindern.
Fraglich ist auch, ob die Notwendigkeit des Bustransfers den Neubau rechtfertigt. In der Graserschule werden Kinder von der 1. bis zur 4. Klasse unterrichtet. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass es für sie sicherer ist, mit dem Bus zur Schule gebracht zu werden, besonders da der geplante neue Standort an einigen verkehrsreichen Straßen liegt und Kinder verkehrsbedingte Gefahren nicht so gut einschätzen können wie „Große“. Außerdem wird eine Vielzahl von (ehemaligen) Schülern auch bestätigen können, dass Busfahren manchmal etwas unbequem sein kann, aber auch nicht unzumutbar ist. Somit spricht auch die gute Erreichbarkeit zu Fuß nicht für einen Neubau.
ZOH, Museen und das Stadtbad
Für den Erhalt des aktuellen Standorts gibt es (neben der bei manchem Befürworter wohl mitschwelgenden Nostalgie) einige gewichtige Argumente. So ist die Anbindung an die ZOH für die Vielzahl der sog. Gastschüler praktisch, die das in Bayreuth bisher (noch) einzigartige Ganztagsschulkonzept wahrnehmen. Eine vergleichbare Erreichbarkeit wäre an einem neuen Standort womöglich nicht gegeben. Ebenso wäre die Graserschule ein Grund für junge Familien, eine Wohnung in der Innenstadt zu beziehen und diese somit zu beleben. Die Nähe zu Kultureinrichtungen, wie beispielsweise dem Naturkundemuseum und der Stadtbibliothek oder auch dem BVB-Bad, ist ein erheblicher Vorteil für den aktuellen Standort. Teilweise bestehen zu diesen Einrichtungen Partnerschaften, die den Unterricht deutlich beleben.
Gegen die Vorteile der ZOH-Nähe kann angebracht werden, dass andere Grundschulen womöglich in absehbarer Zeit auch Ganztagesangebote anbieten werden und somit auch die Anzahl an Gastschülern. Auch ist fraglich, ob sich durch die Lage der Schule in der Innenstadt mehr junge Familien ansiedeln werden. Dies hängt auch von Faktoren wie der Entwicklung der Mietpreise und des Wohnungsmarktes allgemein ab, die sich schwer vorhersagen lässt. Andererseits lässt sich ein Trend zur Abwanderung der Gewerbetreibenden aus der Innenstadt heraus beobachten, so dass die Mietpreise eher sinken als steigen werden.
Sportplatz oder Schwimmbad?
Lohnenswert ist auch, die Möglichkeiten bei der Gestaltung des Neubaus und der Sanierung zu betrachten. Ein Vorteil für einen Neubau ist, dass dort z.B. ein Sportplatz errichtet werden könnte. Bisher müssen die Kinder mit dem Bus zu einem solchen fahren. Dies wird jedoch aufgewogen, da die Kinder dafür aktuell für den Schwimmunterricht einen 5-mintütigen Fußweg haben und am neuen Standort hierfür ein Bus notwendig wäre. Ein Vorteil des aktuellen Standorts ist die durchschnittliche Klassenraumgröße, die gut 10 qm über der einer heute gebauten Schule liegt. Aus fördertechnischen Gründen wäre eine vergleichbare Klassenraumgröße bei einem Neubau nicht möglich. Große Klassenräume sind jedoch bei innovativen Lehrkonzepten wie Lernlandschaften oder auch Gruppenarbeiten essentiell. Somit ist fraglich, ob ein Neubau überhaupt so viele Verbesserungen zu einer Sanierung bieten könnte.
Zeit ist Geld
Beachtet muss auch die Umsetzbarkeit beider Projekte werden. Da genaue Baupläne weder für den Neubau noch für die Sanierung bestehen, sind aus dieser Sicht beide Projekte gleich schnell umsetzbar. Für den Neubau müsste jedoch noch der Bebauungsplan für das Zielgrundstück geändert werden. Dies wird voraussichtlich ein ganzes Jahr dauern. Folglich ist womöglich die Sanierung schneller umsetzbar. Problematisch dabei ist jedoch, dass die Sanierung bei laufenden Betrieb stattfinden wird. Diese Maßnahmen können teilweise den Unterricht massiv beeinträchtigen. Bei geplanten Sanierungsarbeiten von vier Jahren wird dies eine ganze Schülergeneration betreffen.
Am Ende stellt sich jedoch auch die Kostenfrage. Wie bereits erwähnt, sind die Pläne nicht hinreichend konkret, um die Kosten sowohl für den Neubau, als auch für die Sanierung abzuschätzen. Veranschlagt werden bisher ca. 8 Mio. € für den Neubau, die Grünen sprechen sogar von über 15 Mio. €. Die Sanierung wird ebenfalls mehrere Millionen verschlingen. Fest steht jedoch, dass das alte Gebäude selbst dann saniert werden muss, wenn der Unterricht an einem anderen Ort stattfindet. Somit kostet der Neubau auf jeden Fall mehr, als die Sanierung. Auch wenn bei einem Neubau womöglich mehr Fördermittel durch den Freistaat akquiriert werden können, handelt es sich in beiden Fällen um Steuergelder, die jeder einzelne Bürger bezahlt. Fraglich ist, ob eine mögliche Nachnutzung des Gebäudes der Stadt genügend Geld einspielt oder spart, um die Kosten für die zusätzlichen Sanierungskosten zu decken. Somit sprechen die Kosten eher für den Erhalt der aktuellen Graserschule.
Fazit: Es gibt viele gute Argumente sowohl für den Neubau, als auch für den Erhalt des Standortes. Aus Sicht der Jungen Liberalen Bayreuth hat der geplante neue Standort fast dieselben Nachteile wie der alte, jedoch keine bedeutenden Vorteile. Dies gilt besonders hinsichtlich der Klassenraumgröße und der Nähe zu zentralen Einrichtungen in der Innenstadt. Wenn dann noch die Kosten beider Projekte ins Spiel kommen, scheint hier wohl die Sanierung der Graserschule doch besser als ein Neubau zu sein.
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